Vier Menschen verbringen Zeit an einem hölzernen Steg an einem Kanal. Ein Mann befindet sich im Wasser, während eine Frau im Badeanzug gerade aus dem Wasser steigt und sich an einer alten, freistehenden Badewanne abstützt. Eine andere tätowierte Frau sitzt auf einer Liege und schaut ihr zu. Im Hintergrund sind Hausboote und grüne Bäume zu sehen. Die Szene wirkt entspannt, urban und gemeinschaftlich, bei bewölktem Himmel.

Eine Sauna als Community-Treffpunkt?

Das „Badhus" in Amsterdam-Noord.

Mitten in Amsterdam-Noord, direkt hinter dem Café Soleil, ist 2024 ein ungewöhnlicher Ort entstanden. Das Badhus ist eine öffentlich zugängliche Sauna direkt am Wasser – gestaltet in moderner Holzarchitektur und einem offenen, gemeinschaftlich orientierten Nutzungskonzept. Das Badhus ist mehr als ein Wellnessangebot, sondern auch ein sozialer und kultureller Treffpunkt. Es knüpft damit an die Idee sogenannter „Dritter Orte“ an. Dies sind Räume zwischen Zuhause und Arbeit, die Gemeinschaft fördern.

Sauna als öffentlicher Ort

Im Unterschied zu privaten Spa-Angeboten ist das Badhus nicht auf Exklusivität ausgerichtet. Es funktioniert als offener Saunaraum mit buchbaren Zeitfenstern, gestaffelten Preisen und einem niedrigschwelligen Zugang über Memberships (u. a. über Urban Sports Club). Durch diese Struktur kann das Badhus sowohl von Einzelpersonen als auch von Gruppen flexibel genutzt werden. Es richtet sich ausdrücklich an eine breite, diverse Zielgruppe – unabhängig von Vorerfahrung oder sozialer Herkunft.

Im Zentrum steht das gemeinschaftliche Saunaerlebnis. Gäste teilen sich die Räume, gehen gemeinsam durch die typischen Wechsel aus Wärme, Kälte und Ruhe, und treten dabei oft zwanglos in Kontakt. Gespräche entstehen am Kamin oder beim Abkühlen auf der Holzplattform am Wasser. Die Atmosphäre ist entspannt, respektvoll und offen. Die Betreiber:innen setzen bewusst auf eine soziale, informelle Nutzungskultur, in der unterschiedliche Menschen sich wohlfühlen können.

Die Gründer:innen

Hinter dem Konzept stehen Julie, eine gebürtige Texanerin, die urbane Saunakultur in Kopenhagen kennengelernt hat, sowie Max, der bereits ein Sauna-Projekt in Belgien realisiert hatte. Gemeinsam haben sie das Badhus als einen Ort konzipiert, der Entspannung und gemeinschaftliches Erleben zusammenbringt – mit starkem Bezug zur Umgebung und offenem Blick auf mögliche kulturelle Erweiterungen.

Nachbarschaft als sozialer Kontext

Amsterdam-Noord gilt als einer der dynamischsten Stadtteile der niederländischen Hauptstadt. Zwischen Werftgeschichte, Künstlerateliers, neuen Wohnformen und alternativer Gastronomie entsteht hier ein urbaner Raum, in dem soziale Infrastruktur zunehmend an Bedeutung gewinnt. Das Badhus fügt sich in diesen Kontext ein: als Ort der Erholung, aber auch als mögliche soziale Plattform für das Viertel.

Der Standort – unmittelbar hinter dem Café Soleil und umgeben von Restaurants, Ateliers und alternativen Kultureinrichtungen – ermöglicht Kooperationen und spontane Begegnungen gleichermaßen. Das Angebot richtet sich an Anwohner:innen und lokal Engagierte sowie internationale Tourist:innen, die den Ort als Treffpunkt, Veranstaltungsort oder einfach als ruhige Alternative zum hektischen Stadtraum nutzen möchten.

Potenzial für kulturelle Veranstaltungen

Bereits heute wird das Badhus punktuell für Veranstaltungsformate wie gemeinsame Sauna-Rituale, Kaltwasser-Workshops oder private Veranstaltungen genutzt. Perspektivisch ist das Gelände auch gedacht für kulturelle Formate wie kleinere Ausstellungen, Lesungen, temporäre Installationen oder Mikro-Konzerte. Die Gestaltung – reduziert, atmosphärisch, offen – bietet einen geeigneten Rahmen, um etwa künstlerische Arbeiten im Zusammenhang mit dem urbanen Ambiente am Wasser zu präsentieren.

Der Fokus liegt dabei sowohl auf Eventcharakter, niedrigschwelliger Teilhabe und lokalem Bezug. Denkbar sind etwa Kooperationen mit benachbarten Ateliers, Stadtteilinitiativen oder künstlerischen Hochschulen und Institutionen. Damit könnte das Badhus nicht nur ein Ort der körperlichen Erholung, sondern auch ein Impulsgeber für kulturellen Austausch im Quartier werden.

Eine Sauna als „Dritter Ort“?

Das Badhus erfüllt in vielerlei Hinsicht die Kriterien, die Soziologe Ray Oldenburg für einen „Dritten Ort“ formuliert hat:

– Zugänglichkeit: Offen für unterschiedliche soziale Gruppen

– Informeller Austausch: Der Aufenthalt muss nicht zweckgebunden sein, Gespräche können beiläufig entstehen.

– Regelmäßigkeit: Durch Memberships und Drop-In-Angebote bildet sich ein Stammpublikum, das sich immer wieder begegnet.

– Neutralität: Der Ort ist weder privat noch institutionell geprägt

– Atmosphäre der Gleichheit: In der Sauna spielen soziale Unterschiede keine Rolle, alle begegnen sich auf Augenhöhe.

Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten

Gleichwohl sind mit einem solchen Konzept auch Herausforderungen verbunden:

– Balance zwischen Privatsphäre und Gemeinschaft: Nicht alle Gäste suchen Austausch – das Angebot solte beides ermöglichen.

– Preissensibilität: Auch gestaffelte Preise können für bestimmte Gruppen eine Hürde darstellen – ergänzende kostenlose Angebote wären denkbar.

– Programmatische Öffnung: Die Einbindung von Kunst und Kultur erfordert klare Strukturen – dies mit dem laufenden Saunabetrieb zu kombinieren erfordert gute Planung

Die Betreiber:innen zeigen sich offen für Partnerschaften, Experimente und Feedback. Sie verstehen das Badhus als „lebendigen Prozess“, der gemeinsam mit der Community vor Ort wachsen soll.

Fazit

Mit dem Badhus ist in Amsterdam-Noord ein Ort entstanden, der körperliche Erholung, soziale Interaktion und kulturelle Offenheit miteinander verbindet. Als niedrigschwellige Sauna in einem kreativen Stadtteil bietet er nicht nur Ruhe, sondern auch neue Möglichkeiten für gemeinschaftliche Nutzung. Die Kombination aus durchdachtem Raumkonzept, klarer sozialer Haltung und lokalem Bezug macht das Badhus zu einem vielversprechenden Beispiel für einen urbanen „Dritten Ort“ – mit Potenzial für kulturelle Veranstaltungen, nachbarschaftliche Initiativen und nachhaltige Stadtteilvernetzung.

Kontakt

badhus-mamsterdam.nl

Text und Fotos: Simone Szymanski